Sandra Auffarth über das Kennenlernen von Quirici H, Ausreiten und Zukunftspläne
Sandra, bitte erzähle uns etwas über die Pferde, die du mit nach Leipzig gebracht hast.
Sandra Auffarth: Fangen wir mal mit Quirici an, der jetzt 14 Jahre alt ist. In den letzten Wochen haben wir beide uns, glaube ich, sehr gesteigert. Ich sage bewusst ,beide‘, weil ich musste ja auch erstmal ein bisschen Routine und Erfahrung sammeln über diese Parcours und ich glaube, dass wir zusammen da jetzt echt gut reingewachsen sind und dass sich das letzte Woche in Basel schon richtig gut angefühlt hat. Er hat das auch supergut weggesteckt. Er ist sowieso so ein Typ, der viel Go hat und echt motiviert ist. Von daher glaube ich, das tat ihm sogar ganz gut, jetzt mal ein paar Turniere in Folge zu gehen. Hier in Leipzig bin ich vorqualifiziert. Das heißt, ich habe ihn heute (Freitag, Anm. d. Red.) nur eine kleine Runde geritten, um dann am Sonntag den Longines FEI Jumping World Cup™ zu reiten.
Dann habe ich C’est la vie dabei. Das ist ein zehnjähriger Wallach, den habe ich auch die letzten Turniere ein paarmal mitgenommen, aber eher für die kleineren Runden. Er ist ein sehr, sehr talentiertes Pferd, der sicherlich noch ein bisschen was lernen muss, seinem Alter noch etwas hinterher ist, sich aber auch auf den letzten Turnieren unglaublich weiterentwickelt hat und sich für mich sehr vielversprechend anfühlt. Ich glaube, dass der viel Potenzial hat.
Und dann habe ich noch eine achtjährige Stute mit dabei (Milva RB, Anm. d. Red.), die ich im letzten Jahr auch schon hier und da bei einer Youngster Tour dabei hatte, eine wirklich total coole Stute, die sehr selbstbewusst ist, die aber etwas länger Pause hatte, weil sie bei den anderen Turnieren nicht zum Zuge kommen durfte, weil da keine Youngster Touren vorhanden waren. Jetzt war ich superstolz auf sie, wie sie gestern (in der ersten Qualifikation der TheurerTrucks 2GO Youngster Tour am Donnerstag) die Runde gedreht hat nach so einer langen Pause, was das Turniergeschehen angeht. Sie hat das richtig gut gemacht und ich freue mich auf die zweite Qualifikation.
Was hat Quirici H für eine Geschichte? Der ist schon ausgebildet zu dir gekommen?
Genau, der ist vor ich glaube drei Jahren zu mir gekommen. Das hat sich ergeben. Ich habe von dem Besitzer auch ein Vielseitigkeitspferd geritten und der sagte, er habe da auch noch ein Springpferd, der vielleicht dressurmäßig noch ein paar Nachhilfestunden bräuchte, ob ich nicht Lust hätte, den mal mitzureiten. Ich hatte sofort ein super Gefühl auf ihm. Den mochte ich direkt und ich konnte auch merken, was er für ein Springvermögen hat. Das hat mich sofort begeistert. Ich habe auch gemerkt, dressurmäßig ist das schon eine Aufgabe. Dank seinen neuen Besitzern, der Familie Viehoff, kann ich ihn nun behalten. Die hatten bei mir schon ein paar Pferde und haben gesagt, wenn du nochmal eine Idee hast – wir hätten Lust, noch einen dazuzukaufen. Ich habe gesagt: Ich habe eine Idee, der steht schon bei mir im Stall. Das ist natürlich toll. Ohne solche tollen Besitzer kann man natürlich gar nichts machen.
Du hast gesagt, du bist vorqualifiziert – wie sind denn deine Ambitionen, was den Longines FEI Jumping World Cup™ presented by Sparkasse am Sonntag angeht? Wirst du da Gas geben, auch mit Blick aufs Finale?
Natürlich! Das wäre jetzt auch Quatsch, etwas anderes zu sagen! (lacht) Nein, natürlich sind solche Runden wie in Mechelen und Basel total motivierend, aber ich mache den Sport auch lange genug um zu wissen, dass so ein Fehler schnell passiert. Aber klar, wir geben unser Bestes und gucken. Ich habe auf jeden Fall bis jetzt superviel gelernt und alles, was jetzt noch kommt, ist ein Bonus.
Die Konkurrenz bei der PARTNER PFERD hier Leipzig ist ja immer gewaltig. Wie gehst du eine solche Prüfung wie den Großen Sparkassen-Preis an?
Das kommt natürlich drauf an, an welcher Startposition ich stehe, ob ich noch die Zeit habe, ein paar Ritte anzuschauen. Dann ist es natürlich für mich, die noch nicht so viele Pferde auf diesem Niveau hat, schön, wenn ich mir das eine oder andere nochmal anschauen kann. In Lyon war ich allerdings gleich erste Starterin, das war auch nicht so schlecht. Von daher bin ich auch im Falle dieses Falles selbstbewusst und weiß, wir haben jetzt schon ein paar gute Runden gedreht und einfach gucken, dass wir das Wissen mit Hilfe der anderen in den Parcours bringen. Und dann fehlt natürlich noch ein bisschen Glück! (lacht)
Wie hast du das Leipziger Publikum erlebt?
Ich bin jetzt das zweite Mal hier. Das erste Mal war eine richtig tolle Stimmung, tolle Atmosphäre. Von daher, ich bin gespannt, das wird jetzt bestimmt von Tag zu Tag noch einmal mehr.
Du hast eben gesagt, dass du auch erstmal Erfahrungen sammeln musstest. Du bist ja kein Neuling im Springsport. Was war das denn zum Beispiel, wo du dich umstellen musstest?
Es ist natürlich nicht nur die Höhe, sondern auch die Technik, die anspruchsvoller wird und am Ende auch Routinesachen. Das haben mir auch alle gesagt: ,Du musst es jetzt ein paarmal reiten.‘ Ich habe immer gefragt, was kann ich denn zuhause noch üben? ,Du musst einfach ruhig bleiben und solche Runden auf Turnieren reiten, dass ihr beide durch die Fehler lernt und cooler bleibt.‘ Wenn ich jetzt überlege, von Stuttgart zu Mechelen – alleine der Sprung war gewaltig und das macht natürlich superviel Spaß. Also, wenn man das wirklich selber merkt. Man setzt sich damit auseinander – ich habe natürlich auch viel die anderen Reiter beobachtet, habe versucht, mir noch mal hier und da was abzugucken und habe dabei auch selber noch einmal so viel gelernt. Das macht richtig Spaß!
Gibt es Reiter, denen du besonders gerne zuguckst?
Steve Guerdat, muss ich sagen, finde ich hat eine unglaubliche Ruhe und Lässigkeit. Einfach gutes Reiten, so dass er die Pferde immer so gut zum Sprung hinbringt, dass es denen möglichst leicht fällt, einen guten Sprung zu machen. Da muss ich sagen, versuche ich mir doch noch einiges abzuschauen. Da bin ich noch nicht ganz (lacht).
Aber deine Pferde springen ja trotzdem unglaublich gut und vor allen Dingen motiviert. Das kann man sehen. Wie machst du das?
Das ist für mich unglaublich wichtig. Die müssen einfach Spaß haben und motiviert bleiben. Das eine ist ja, man muss ehrgeizig sein und sich auch mit Fehlern auseinandersetzen. Das andere ist, man muss sich unglaublich ins Pferd hineinfühlen und es auch mal gut sein lassen. Wenn man manchmal das Ziel noch nicht erreicht hat, muss man wissen: Für heute ist es ein guter Step und morgen geht es weiter, so dass man auch aus dem Körper nicht zu viel Kraft rausnimmt. Gerade, wenn man jetzt mehrere Turniere nacheinander hat, ist das glaube ich ganz wichtig, dass man versucht, die Pferde motiviert zu halten, ein gutes Körpergefühl zu geben und trotzdem natürlich genug für die Technik vorzubereiten, dass die Rittigkeit ausreichend gegeben ist. Das ist die Balance, die man finden muss.
Du kommst aus dem Vielseitigkeitssport. Gibt es etwas, das die Springreiter von den Vielseitigkeitsreitern lernen können?
Ich bin unglaublich dankbar, dass ich so viel Erfahrung aus dem Vielseitigkeitssport habe, gerade auch in den letzten Wochen, was das Management angeht. Da kann ich ganz viel übernehmen. Gerade nach so einer anspruchsvollen Prüfung – was mache ich mit dem Pferd die nächsten Tage und wie bereite ich ihn dann wieder vor? Da versuche ich natürlich alles, was ich von meinen Vielseitigkeitspferden gelernt habe, mitzunehmen. Und ich habe nun ein ganz gutes Gefühl. Ich glaube, er ist fit und richtig motiviert. Ich hoffe nicht zu motiviert (lacht).
Heißt es denn jetzt Vielseitigkeitssport ade und nur noch Springsport?
Also, ich muss sagen, im Moment genieße ich es, dass in der Vielseitigkeit ein bisschen Pause ist, einfach auch, um mich voll darauf zu konzentrieren. Ich glaube, man kann noch gar nicht von einem Plan reden. Das hat sich bei mir ja auch ein bisschen überschlagen mit den Ereignissen, das habe ich vor einem Monat ja auch noch nicht geplant, wie das jetzt gekommen ist. Vielleicht steige ich auch einen Monat später ein mit der Vielseitigkeit, das weiß ich noch nicht. Da gibt es noch keine genaueren Pläne, das mache ich ein bisschen nach Gefühl. Klar, man will immer vieles machen. Aber es muss auch alles passen. Man muss selber motiviert bleiben. Und wenn ich losfahre, dann will ich auch mit einem guten Gefühl losfahren. Sonst bleibe ich lieber noch ein Wochenende länger zuhause.
Das heißt, wir müssen dich noch nicht abschreiben für die Vielseitigkeit?
Nein! Ich denke, ein bisschen kürzer muss ich da treten, weil es macht mir schon sehr viel Spaß mit dem Springsport, muss ich sagen. Aber das ist ja auch immer total pferdeabhängig. Alleine kann man als Reiter natürlich gar nichts machen. Man braucht die Pferde an seiner Seite und jetzt habe ich gerade ein tolles Team an Springpferden. Das muss ich jetzt einfach mal nutzen und genießen und da versuchen wir jetzt, weiterzukommen.
Wie bist du denn pferdemäßig gerade aufgestellt für die Vielseitigkeit?
Ich habe im Moment zwei Vielseitigkeitspferde. Ich habe mich von zwei Nachwuchspferden getrennt, die im letzten Jahr viel zu wenig mit gekommen sind, so dass ich mich jetzt ein bisschen konzentrieren kann. Ich glaube, das ist realistisch zu schaffen. Dann muss ich einfach mal gucken, was sich ergibt.
Wo siehst du Gemeinsamkeiten im Training von Spring- und Vielseitigkeitspferden?
Erstmal bei der Basisarbeit und der Grundkondition. Ich gehe viel mit den Pferden ins Gelände. Das ist ganz wichtig für die Gesunderhaltung der Sehnen und Gelenke, dass man auf unterschiedlichen Böden reitet, nicht immer nur auf dem perfekten Reithallenboden, sondern auch dort, wo unterschiedliche Böden sind. Das härtet die Gelenke und Sehnen ab, das muss man auch machen, wenn die Pferde jung sind und deswegen gehen bei uns schon die jungen Pferde mit raus. Für die älteren Pferde ist es eine totale mentale Entspannung. Ich merke es richtig – so ein Quirici, wenn er von einem großen Hallenturnier kommt und in so einer Messehalle war, er genießt es richtig, dann durch den Wald zu traben, nicht denken zu müssen, sondern einfach nur Ruhe zu haben. Das ist für beide schön, für Pferd und Reiter. In der Dressurarbeit gibt es natürlich viele Parallelen, die ich aus meinen ganzen Dressurstunden auch für die Springpferde nutzen kann, um sie geschmeidiger, durchlässiger zu machen. Und Springgymnastik ist natürlich auch gleich. Das mache ich genauso mit den Vielseitigkeitspferden wie mit den Springpferden – mal eine In-Out-Reihe, mal eine Oxerreihe oder etwas auf gebogener Linie.
Du hast eben gesagt, die Dressurarbeit bei Quirici war eine „Aufgabe“. Wie bist du da dran gegangen mit einem Pferd, das ja schon einiges kennt?
Ich muss zugeben, bei dem Thema hat er mir noch einiges beigebracht. Ich war natürlich sehr ambitioniert und habe meine ganzen Dressur-Know-hows rausgeholt und gedacht, jetzt bringe ich dem alles bei. Aber da hat der gesagt: Nee, das ist mir doch etwas zu viel mit seitwärts und da rum und hier rum. Ich kam an einen Punkt, wo ich gemerkt habe, die Motivation und der Spaß fehlt wirklich bei ihm. Dann habe ich einen richtigen Break gemacht und bin nur noch ausreiten gegangen, weil ich gedacht habe, ich muss seine Stimmung jetzt mal wieder herstellen, sonst kriegt er schlechte Laune. Dann ging das auch wieder besser, auch im Parcours. Dann habe ich wiederum festgestellt, ohne Dressurarbeit auf dem Niveau geht es auch nicht und habe jetzt glaube ich ein ganz gutes Mittelmaß zwischen Ausreiten und dann doch mal Dressur.
Mit wem trainierst du jetzt im Springen?
Also ich muss an dieser Stelle mal sagen, dass die ganzen Reitkollegen echt total cool sind und mir auch gerne einen Tipp geben. Ich habe hier in Leipzig oder auf den letzten Turnieren gar keinen eigenen Springtrainer mitgehabt, sondern habe mich mit allen, die am Start sind, ausgetauscht. Gerade in Mechelen hat mir noch ein Hansi Dreher wirklich gut geholfen, im Umlauf schon mal was zu besprechen und dann im Stechen. Otto Becker war da, ist mit mir den Parcours nochmal durchgegangen. Zwischen den Turnieren bleibt zuhause gar keine Zeit zu springen. Da steht eher Erholung auf dem Programm.
Wenn du zurückdenkst, welchen Rat würdest du aus heutiger Sicht der jungen Sandra Auffarth geben?
Ich muss sagen, mit Wolle (Opgun Louvo), damals war ich ja wirklich noch jung, als wir Weltmeister geworden sind und manchmal denke ich jetzt, eigentlich unglaublich, dass wir das damals so geschafft haben! Denn reiterlich bin ich so viel weiter und so viel mehr gereift und weiß so viel mehr Dinge. Aber am Ende lernt man daraus: Wenn man ein richtig gutes Team ist und wenn man zusammen daran wächst und auch ein qualitativ gutes Pferd hat, dann geht das. Ich glaube, es hat auch mal einen Vorteil, wenn man jünger ist und noch nicht über alles Bescheid weiß und ich versuche mir das auch immer wieder zu sagen, dass man locker bleibt. Sport ist immer ein Auf und Ab. Man muss es genießen, wenn es gut läuft. Aber man muss auch entspannt bleiben, weil man weiß einfach, es geht nicht immer so weiter. Und auch wenn dann mal ein Fehler passiert – es gibt so viel Schlimmeres auf der großen, weiten Welt, da darf man nicht den Kopf hängen lassen.
(DW)